Der Petersberg Bonn gehört eigentlich zu Königswinter und zum Siebengebirge. Aber das Hotel auf seinem Gipfel ist untrennbar mit der Geschichte der Bundesstadt Bonn verknüpft. Und auch mit meiner eigenen ganz persönlichen Geschichte. Ich war unzählige Male dort. Während des Lockdowns bin ich noch einmal dorthin zurückgekehrt. Atmosphäre schnuppern, in Erinnerungen schwelgen und die tolle Aussicht genießen. Das Hotel war natürlich dicht. Aber die totale Ruhe dort oben hat den Besuch zu etwas Besonderem gemacht.
Die Anfänge auf dem Petersberg Bonn
Er ist wahrlich ein geschichtsträchtiger Ort, dieser Petersberg Bonn. Nach vierjähriger Bauzeit wurde dort 1892 bereits ein Hotel eröffnet. Aber es machte damals noch keine großen Schlagzeilen, im Gegenteil. Viel zu wenig Gäste verirrten sich hierher. Die Folge war eine Zwangsversteigerung im Jahr 1911. Der Boss des berühmten Parfumherstellers 4711 baute drei Jahre später gründlich um. Leider ein sehr schlecht gewählter Zeitpunkt, denn kurz darauf brach der Erste Weltkrieg aus. Das gerade erst wieder eröffnete Hotel musste schließen.
Nach weiteren Umbauten und Vergrößerungen begann 1938 so richtig die internationale Berühmtheit des Petersbergs. Der erste prominente Politiker zog ein. Der britische Premierminister Neville Chamberlain wohnte hier, als er mit den Nazis verhandelte. Wie wir alle wissen, waren die Verhandlungen leider nicht sehr nachhaltig. Der Zweite Weltkrieg brach aus. Das Hotel schloss seine Pforten schon wieder.
Das Hotel nach dem Krieg
Nach dem Krieg war es zunächst der Sitz der Hohen Kommissare der drei West-Alliierten. Sie empfingen dort 1949 den kurz zuvor gewählten ersten Bundeskanzler Konrad Adenauer. Im November unterzeichneten sie das berühmte Petersberger Abkommen. Darin war beispielsweise geregelt, dass die junge BRD diplomatische Beziehungen aufnehmen und internationalen Organisationen beitreten durfte.
1954 wurde Deutschland Fußball-Weltmeister, und das Hotel auf dem Petersberg Bonn wurde von der Bundesregierung für Staatsgäste in der Hauptstadt Bonn angemietet. Von nun an gaben sich gekrönte Häupter und berühmte Politiker die Klinke in die Hand. Haile Selassie kam aus Äthiopien oder die Queen aus England. Das war 1965, ungefähr zu der Zeit, als auch meine eigene Geschichte mit dem Petersberg ihren Anfang nahm.
Meine erste Begegnung mit dem Petersberg Bonn
Ich war ein kleines Kind damals. Regelmäßig fuhr ich mit meinen Eltern Richtung Allgäu in Urlaub. Unser Weg führte aus der Nähe von Düsseldorf über die A3 Richtung Frankfurt. Vom Rücksitz unseres Käfers aus sah ich dann jedes Mal den Petersberg in der Ferne. Meistens lag er früh morgens im Nebel. Er muss mich sehr begeistert haben damals, dieser Anblick. Meine Mutter hat mir erzählt, dass ich jedes Mal begeistert „Petersberg im Schnebel“ gerufen haben muss. Nebel war noch zu schwierig für mich.:-) Und kurz darauf fing ich dann an zu quengeln: „Wie weit ist es denn noch?“ „Sind wir bald da?“ Naja, waren wir natürlich nicht. Bis zum Petersberg war Ruhe im Fond des Käfers. Danach wurde ich ungeduldig. Jedes Mal dasselbe Spiel. Eine echte Landmarke also für mich. Eine der ersten meines Lebens.
Breschnew auf dem Petersberg
Trotz der vielen Promis war das Hotel nie wirklich gut ausgelastet und machte 1969 schon wieder dicht. 1973 war es dann noch einmal kurzfristig offen für den Staatsbesuch von Leonid Breschnew. Der russische Präsident setzte den Mercedes, den ihm die Bundesregierung geschenkt hatte, auf dem Petersberg gegen einen Baum. Passiert ist nichts, aber die Anekdote blieb untrennbar mit der Geschichte des Hotels verknüpft. 1979 dann kaufte die Bundesrepublik Deutschland das Hotel. Vorher hatte die Regierung die Räumlichkeiten stets nur angemietet. Der neue Eigentümer schloss das Hotel. Es folgten umfangreiche Umbauten, die bis zur Wiedereröffnung 1990 andauern sollten.
Meine nächtlichen Streifzüge
Ich zog 1980 fürs Studium nach Bonn. Und schon bald darauf kam ich dem Petersberg wieder ganz nah. Die Umbauarbeiten nämlich liefen bei weitem nicht so geschäftig und betriebsam ab, wie sich das im Nachhinein in den Chroniken liest. Jahrelang gab es eigentlich nur noch die prachtvolle Hotelhülle, während innen alles verlassen war und brachlag. In dieser Zeit arbeitete ein sehr guter Freund von mir oben auf dem Petersberg nachts als Wachmann. Seine Aufgabe war es, das Gelände vor Vandalismus zu schützen. Ein äußerst einsamer Job so ganz allein auf dem Berg. Deshalb freute sich mein Kumpel immer sehr, wenn ich ihn dort besuchte. Gemeinsam streiften wir mit Taschenlampen durch das verlassene Hotel. Wir erkundeten immer neue Gänge und Gebäudeflügel. Höhepunkt unserer nächtlichen Streifzüge war der Weinkeller des Petersberg-Hotels. Alles ziemlich verboten, aber auch schon lange verjährt.:-)
Nach der Wiedereröffnung 1990 war es mit den Streifzügen natürlich vorbei. Es ging wieder prominent zu. Michail Gorbatschow, Nelson Mandela oder Bill Clinton gingen ein und aus. Nach letzterem wurde sogar eine Joggingstrecke auf dem Petersberg benannt. Michael Schumacher hat auf dem Petersberg in der Kapelle beim Hotel geheiratet. Es gab multinationale Konferenzen wie den Petersberger Klimadialog.
Kochen lernen auf dem Petersberg Bonn
Ich kehrte 1999 auf den Petersberg Bonn zurück. Das viele Studieren war ziemlich theoretisch gewesen. Deshalb hatte ich beschlossen, mein Hobby zum Beruf zu machen. Während meiner Ausbildung zur Köchin arbeitete ich einige Monate auf dem Petersberg. Das war eine gute Wahl, denn in dem tollen Hotel fanden riesige Banketts statt. Es war der ideale Ort, um richtig viel in kurzer Zeit zu lernen. Wir Azubis fanden auf dem Berg allerbeste Lernbedingungen vor, aber es war zugleich auch ein verdammt hartes Brot. Ein Auto konnte ich mir nicht leisten. Also tuckerte ich täglich zweimal von Bonn nach Königswinter und den Berg mit meinem uralten Mofa rauf. Denn ich hatte meistens Teildienst, also eine Schicht von morgens bis zum frühen Nachmittag und dann noch eine vom frühen Abend bis weit in die Nacht. Wahrlich kein Zuckerschlecken. Und schon damals habe ich entschieden, dass meine berufliche Zukunft trotz aller Freude an der Kochkunst doch eher woanders liegt.
Heute ist das Steigenberger Grandhotel eins der beliebtesten Ausflugsziele im Umkreis von Bonn. Es ist längst nicht mehr Gästehaus der Bundesregierung, aber auch heute ist es berühmt für seine gute Küche und ein viel gebuchter Veranstaltungsort. Wer in der Nähe von Bonn unterwegs ist, sollte sich einen Abstecher auf den Petersberg gönnen. Die wunderschönen Gebäude, der phantastische Ausblick auf das Rheintal – all das ist auch bei geschlossenen Toren des Hotels immer eine kleine Reise wert.
Übrigens: Ein anderes tolles Hotel findest Du am Bonner Bogen. Auch ein richtig schönes Ausflugsziel.
Hi Renate,
man was für eine Geschichte.
Bis ich diesen Artikel gelesen hatte hätte ich immer, wenn mich jemand fragen würde ob ich mal nach Bonn reisen möchte Nein gesagt, doch nun ist das völlig anders.
Ich habe das Hotel gerade auf meine Reiseliste gesetzt.
LG
Stephan von Blindfuchs.de
Freut mich! Aber wenn Du dann schonmal hier bist, dann fahr bitte auch mal nach Bonn rein. Die Stadt ist wirklich eine Reise wert. Ein sehr lebenswerter Ort mit ganz viel Lebensqualität.
Liebe Renate,
Wow, was für ein geschichtsträchtiger Ort. Mir gefällt ja am besten die Story mit deinem Kumpel, der dort Nachtwächter war. Das klingt so unheimlich und gleichzeitig total aufregend, nachts durch das verlassene Hotel zu streifen.
Unglaublich, welche Stars da schon ein und aus gegangen sind – das muss wirklich mal ein besonderes Flair gewesen sein.
Finde ich übrigens toll, dass du den Lockdown auch dafür nutzt, an Orte deiner Kindheit zu reisen. Der Blick auf die Drachenburg finde ich übrigens grandios.
Liebe Grüße von Miriam von Nordkap nach Südkap
Ja, mir macht es schon Spaß, mich in Ruhe mal an die eine oder andere Anekdote in meiner eigenen Vergangenheit zu erinnern und an die Orte von früher zu gehen. Ich bin sonst ganz und gar nicht der Mensch, der in Erinnerungen schwelgt. Aber in diesen Ausnahmezeiten ist manches anders…
Okay. Mein Favorit ist der Drachenfels! – Ich bin vor dreißig Jahren mal in Bonn gewesen und seitdem nicht mehr. Hatte gar nicht in Erinnerung, dass es dort so bergig ist.
Natürlich erinnere ich mich, dass es auf dem Petersberg dieses Hotel gibt, aber selbst war ich leider auch noch nicht da.
Ein schöner Reisetipps. Danke!
Ja, Bonn liegt in einer Art Kessel zwischen dem Siebengebirge und dem Vorgebirge. Deshalb ist es auch immer ein bisschen wärmer als in den meisten anderen Orten. Jetzt ist das nett, im Sommer manchmal etwas anstrengend.:-)
Liebe Renate,
wow, ich weiß ja, dass du Krimis magst. Ich eher nicht, viel zu gruselig. Aber dieser Beitrag war für mich wie ein kleiner Krimi, den ich gern gelesen habe: vom Petersberg deiner Kindheit im „Schnebel“ bis zu den verbotenen Streifzügen in den Weinkeller (hoffentlich gut gefüllt!?) des verlassenen Hotels – irre!
Und nebenbei die ganze Prominenz…
Ach, und die herrlichen Fotos, die so wunderbar die Stimmung des (wieder einmal) verlassenen Ortes einfangen.
Danke für den kleinen Nervenkitzel am Abend. 😉
Herzlichen Gruß
Anja von STADT LAND WELTentdecker
Was den Weinkeller angeht, schweigt der Genießer.:-) Ja, der Petersberg ist wieder mal verlassen. Aber nicht mehr so gespenstisch wie früher. Denn da waren immerhin ein paar Reinigungskräfte am Werk…
Ach man, keine Fotos von euren heimlichen Streifzügen durch das alte Hotel! Die hätte ich ja jetzt doch zu gerne mal gesehen! 😉 Ich finde es immer wieder spannen, welche Geschichten so alte Gebäude zu erzählen haben. Leider erfährt man ja doch oft viel zu wenig darüber. Bei uns im Ort steht ne alte Scheuer von etwa 1780. Aber eine Tafel mit historischen Infos, die darüber hinaus gehen sucht man doch vergebens. Hat man den Baum denn stehen lassen, gegen den der Mercedes gafhren ist, oder musste er weg? Das wäre ja auch ne schöne „Sehenswürdigkeit“. 😉
Die Streifzüge waren vor meiner Fotografie-Zeit. Es war zwar stockdunkel, aber heute würde ich natürlich trotzdem fotografieren. Mit dem Baum bin ich leider überfragt. Eine Gedenktafel habe ich noch nicht gesehen dort. Das heißt aber nicht, dass es nicht irgendwo den Baum noch geben könnte…
Wusste gar nicht, dass das Hotel so eine bewegte Geschichte hat. Bei diversen Aufenthalten in Bonn hatte ich es bei der Vorauswahl mit angeschaut, aber nie wirklich in Betracht gezogen, weil es halt ein wenig ablegen ist.
Abgelegen schon, aber auch wirklich was Besonderes. Und die Lage ist wunderschön. Mit dem Auto bist Du ruckzuck in Bonn.
Liebe Renate,
ich bin in Bonn geboren (damals Godesberg, heute Bonn II) und kenne natürlich auch den Petersberg gut. Mir gefällt aber die ganze Region. Von Bonn aus kannst Du tolle Wanderungen unternehmen. Ein Klassiker ist natürlich die Rheinschiene, aber auch in andere Richtungen gibt es tolle Möglichkeiten. Mein Favorit ist die „Kartoffelstrecke“ hinter Bornheim. Irgendwie ist ja die ganze Region von großen Persönlichkeiten geprägt. Auch zum Leben ist Bonn klasse. Die Stadt ist nicht zu groß, aber eben auch kein Provinznest. Und die Gastronomie bietet auch einiges. Wie gerne würde ich im Brauhaus mal wieder ein Bönnsch trinken und ein Schnitzel essen. Aber das geht ja aktuell leider nicht. Bleibt einem das Wandern und die Zuversicht auf bessere Zeiten! 🙂
Viele Grüße
Beate
Liebe Beate,
da bin ich ganz Deiner Meinung. Die Region ist sehr lebenswert. Obwohl ich sehr gerne unterwegs bin, komme ich immer wieder gerne zurück hierher. Die Kartoffelstrecke kenne ich noch nicht, werde ich mir mal anschauen. Danke für den Tipp!
LG Renate
Gern würden wir uns ebenfalls die herrliche beschriebene Aussicht gönnen und das Hotel bestaunen wollen, aber gibt es auch eine Anfahrt hinauf mit dem PKW, weil nicht mehr so geländegängige Beine ?
Ja, das ist kein Problem. Ich bin auch mit dem Auto rafgefahren. Von Königswinter aus gibt es eine gute Straße. Und sie ist auch gut ausgeschildert. Viel Freude!