Deutschland, Ruhrgebiet

St. Antony-Hütte Oberhausen – Wiege der Ruhrpott-Industrie

Renate Kraft

Renate Kraft

Die St. Antony-Hütte Oberhausen ist ein ganz besonderer Ort, denn hier fing im Ruhrgebiet eigentlich alles an. Schon 1758 wurde hier die allererste Eisenhütte in Betrieb genommen. Eher zufällig hatte ich den Ort im Internet entdeckt. Nie zuvor hatte ich davon gehört, aber die St. Antony-Hütte Oberhausen machte mich neugierig. Also nichts wie hin. Eine gute Idee an einem eher tristen Novembertag.

Ich hatte mir eine Eisenhütte eher groß vorgestellt, aber wenn man ankommt, sieht man erstmal nicht viel mehr als ein schmuckes Fachwerkhaus. In dem ehemaligen Direktorenhaus ist heute ein schön gemachtes Museum, das von den Anfängen der Eisen- und Stahlindustrie im Ruhrgebiet erzählt.

Doch für mich war die eigentliche Sensation gleich gegenüber zu finden. Unter einem weiten Dach liegen hier die ausgegrabenen Reste der alten Industrieanlagen. Sie werden präsentiert wie alte römische Bäder. Ich find’s toll, dass die historische Bedeutung der alten Eisenhütte so richtig gut zur Geltung kommt. Die Mauerreste sind schön beleuchtet. Auf etwa 1000 Quadratmetern findet man hier Deutschlands ersten industriearchäologischen Park. Schautafeln und 3D-Animationen zeigen anschaulich, wie es hier früher so zugegangen ist. Erstaunlich eigentlich, dass dieser spannende Ort relativ unbekannt ist. Für mich war’s ein Tipp, so heiß wie das Eisen, das hier früher gekocht wurde.

industriearchäologischer Park in St.Antony Oberhausen

Die Anfänge der St. Antony Hütte

Raseneisenerz und Holzkohle waren die beiden Rohstoffe, die in der Gegend gefunden wurden und die ganze Sache so richtig ans Laufen brachten. Aus der Eisenhütte entstand dann später der Weltkonzern Gutehoffnungshütte. Bis 1842 war das Hochofenwerk in Betrieb, unterbrochen nur durch eine Phase in den 20er Jahren des 19. Jahrhunderts, als der Ort vorübergehend als Papiermühle genutzt wurde. Nachdem im Jahr 1877 auch die Gießerei stillgelegt worden war, wurden Teile der Anlage als Wohngebäude genutzt. Endgültig vorbei war es dann 1969, als die Abrissbirne kam. Erhalten blieb nur das hübsche Gebäude, in dem heute das Museum untergebracht ist.

Überreste der ersten Eisenhütte im Ruhrgebiet

Kölscher Klüngel

Im Museum wird die Anfangszeit der Ruhrpott-Industrie so richtig lebendig, veranschaulicht zum Beispiel durch ausgestellte Original-Bierflaschen von den Arbeitern. Oder auch durch eine Reihe Anekdoten. So erfährt der Besucher, dass der kölsche Klüngel auch damals schon sehr lebendig war. Um den Bau des Hochofens zu beschleunigen, flossen Prämien an kölsche Beamte. Kein schnöder Mammon, sondern westfälischer Schinken wechselte den Besitzer und ließ schließlich die St. Antony-Hütte Oberhausen entstehen.

Überreste der ersten Eisenhütte im Ruhrgebiet

Frühe Industriespionage

Im Jahr 1800 malochten 80 Arbeiter in St. Antony. Phasenweise wurde rund um die Uhr in Zwölfstundenschichten geschuftet. Zu dieser Zeit scheiterten erste Versuche, die Holzkohle durch Steinkohle oder Koks zu ersetzen. Aber schon wenig später startete von St. Antony aus eine Industriespionage in England, wo die Industrialisierung schon ein bisschen weiter fortgeschritten war. Die ausspionierten Innovationen machten aus St. Antony eine der führenden Hütten weit und breit. Hergestellt wurden zum Beispiel Munition und Maschinenteile, aber auch ganz alltägliche Gegenstände wie Töpfe oder Pfannen. Beliefert werden Kunden im In- und Ausland. Über die Häfen in Hamburg und Lübeck reisen Produkte aus der St. Antony-Hütte Oberhausen in die ganze Welt.

Überreste der ersten Eisenhütte im Ruhrgebiet

Bis 2006 lagen die Überreste von St. Antony unter der Erde und drohten, in Vergessenheit zu geraten. Doch dann begannen die archäologischen Arbeiten, die dafür gesorgt haben, dass wir hier heute ein sehenswertes Ausflugsziel aus den Anfängen der Ruhrpott-Industrie vorfinden. Und weil es auch noch eine interessante Fotoausstellung zur Freizeit im Ruhrgebiet zu sehen gab, hatte ich einen wirklich schönen Tag in Oberhausen. Wieder mal ein Beweis dafür, dass man nicht immer weit reisen muss, um etwas Besonderes zu erleben. Auch in Deutschland gibt es jede Menge zu entdecken.

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6 Comments

    1. Liebe Renate,

      ein interessanten Artikel hast du hier verfasst. Ich selber war noch nie in der St. Antony Hütte, wohl aber schon mal in einer Eisenhütte. Das ist aber auch schon wieder fünfzehn Jahre her. Mir scheint, dass sich ein Ausflug zur St. Antony Hütte lohnt. Kommt gleich mal auf meine Ausflugszielliste.

      Liebe Grüße,
      Mo

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