Ruhrgebiet

Drei Tage begeistert von Hamm

Renate Kraft

Renate Kraft

„Hammtastisches“ Bloggertreffen im Ruhrgebiet.

In Hamm war ich noch nie. Du? Ich jedenfalls kannte bisher nur den Bahnhof. Da bin ich auf dem Weg nach Berlin öfters umgestiegen. Das war’s. Bis ich mit 15 anderen Bloggern zu einem Wochenende von der Tourismusinitiative „Freizeit in. Hamm.“ eingeladen war. Unser Hammer Wochenende steckte voller großartiger Überraschungen. Hamm hat mich drei Tage lang begeistert. Und deshalb möchte ich Dir davon erzählen. Manchmal braucht man einen kleinen Schubser, um Neues zu entdecken. Ich habe ihn jedenfalls gebraucht. Und vielleicht kann ich nun auch Dir diesen kleinen Schubser geben. Denn Hamm ist eine Reise wert!

Streifzug durch Bad Hamm

Die Stadt im nordöstlichen Ruhrgebiet mit ihren rund 180.000 Einwohnern hat mich in vielerlei Hinsicht überrascht. Die erste Überraschung habe ich direkt nach meiner Ankunft erlebt. Weil ich Überraschungen auf Reisen einfach liebe, hatte ich wie immer vorher nur wenig gelesen. Und deshalb wusste ich auch zum Beispiel nichts von Bad Hamm. Bis 1955 war Hamm ganz offiziell ein Kur- und Badeort. Eine Solequelle mit heilsamem Salzwasser machte es möglich. Die Quelle ist lange versiegt, aber die Kur- und Badetradition ist lebendig geblieben. Und der Stadtteil um den wunderschönen Kurpark heißt auch heute noch Bad Hamm.

Ich hatte ein Zimmer im sehr empfehlenswerten kleinen freundlichen Hotel „Stangl`s Hammer Brunnen“. Und direkt vor der Haustür liegt der Hammer Kurpark. Ich liebe Parks, also nichts wie rein. Auspacken konnte ich später. Auf dem weitläufigen Gelände mit seinem schönen alten Baumbestand weht noch heute ein Hauch des ehemals mondänen Kurbades. Vor allem am Kurhaus und rund ums Wasser laden viele hübsche Fleckchen zum Verweilen ein. Das Gewässer ist übrigens nicht künstlich angelegt. Es ist ein Altarm der Lippe.

Gradierwerk im Kurpark Hamm

Ein Rundgang im Kurpark führt Dich automatisch früher oder später zum Gradierwerk, wo Du auch heute heilsame Soleluft schnuppern kannst. An der mit Schwarzdorn bedeckten riesigen Holzkonstruktion rieselt Salzwasser hinab und sorgt für gesunde, wohltuende Luft in der direkten Umgebung. Heute kommt die Sole aus einem Tank. Trotzdem fühlt sich das Einatmen hier fast so an wie bei einem Spaziergang am Meer.

Graffiti am Maximare

Ein Anziehungspunkt im heutigen Kurpark ist ganz sicher die Erlebnistherme Maximare. Rund 500.000 Besucher genießen hier jährlich Wellness und Badespaß. Sieben unterschiedliche Saunen und der 3.500 Quadratmeter große Saunagarten laden genauso zum Entspannen ein wie die unterschiedlichen Schwimm- und Erlebnisbecken, darunter auch ein Solebad. Für Action sorgen im Maximare große Wasserrutschen. Die Rückseite des Maximare ziert übrigens ein Graffiti des Hammer Künstlers Kai Wohlgemuth. Der war spätestens während des ersten Lockdowns mit seiner Super-Nurse überregional bekannt geworden. Die Super-Nurse ist inzwischen im Haus der Geschichte in Bonn zu bewundern. Aber der Super-Bademeister ist in Hamm geblieben.:-)

Am Hamm-Datteln Kanal

Am Rand des Kurparks wartete schon die nächste Überraschung auf mich – die tollen Rad- und Spazierwege am Hamm-Datteln Kanal und entlang der unmittelbar dahinter fließenden Lippe. Das ist so richtig was für das gute alte Bike ohne E, denn die Gegend ist topfeben, aber trotzdem landschaftlich sehr reizvoll. Besonders schön fand ich den Weg auf der vom Kurpark aus gesehen anderen Seite des Kanals. Denn dort bist Du von Wasser umgeben – auf der einen Seite der Kanal und auf der anderen Seite die Lippe. Für das kleine Päuschen zwischendurch sind die Schleusen oder der eine oder andere hübsche Biergarten wie geschaffen.

Auch der sportlichste Radler wird irgendwann mal müde. Und dann gibt’s am Kanal eine ziemlich originelle Übernachtungsmöglichkeit – das Tiny House Hotel Pier 9. Hier kannst Du Dich in einem der sehr individuellen kleinen Häuschen ausruhen und auf der Terrasse die Seele baumeln lassen. Das erste Tiny House Hotel Deutschlands gehört zu einer Hammer Schreinerei, die viel Erfahrung hat mit dem Bau dieser trendigen kleinen Häuschen. Wer also mit dem Gedanken spielt, sich so ein Tiny House zuzulegen, der kann hier bestens Probewohnen.

Wasserschloss Oberwerries in den Lippeauen

Übernachten mit Stil geht in Hamm zum Beispiel auch im Wasserschloss Oberwerries. Im Torbogenhaus gibt es fünf individuell und geschmackvoll eingerichtete Zimmer. Für jedes der Zimmer stand eine der Partnerstädte von Hamm Pate. Aber auch ganz ohne Übernachtung ist Schloss Oberwerries ein schönes Ausflugsziel mitten in den wunderschönen Lippeauen. Das Schloss besteht aus mehreren liebevoll restaurierten Gebäuden und dient heute als Bildungs- und Begegnungsstätte. Einzelne Räume kann man für private Feiern mieten. Und heiraten kann man hier auch. An 364 Tagen im Jahr. Nur an Heiligabend ist Ruhe im Pavillonturm des Schlosses, wo die Trauungen stattfinden.

In unmittelbarer Nähe des Schlosses wartet schon wieder eine Überraschung – die kleine Lippefähre Lupia. Passend zum umgebenden Naturschutzgebiet hat die Fähre keinen Motor. Wenn Du zum anderen Ufer willst, musst Du selbst Hand anlegen und Dich mithilfe einer Kette über den Fluss ziehen. Alleine ist das ein bisschen anstrengend, aber hier warten eigentlich immer ein paar nette Leute, mit denen das im Nu erledigt ist. Ein schönes kleines gemeinsames Erlebnis. Und ein anschließender Spaziergang durch die Auwälder und über Wiesen und Weiden ist wirklich ein Vergnügen. Mit ein bisschen Glück findest Du hier viele seltene Tier- und Pflanzenarten am Rande der schön angelegten Wege.

Kultur zwischen Zechen und Halden

Überrascht hat mich aber nicht nur die Natur rund um Hamm. Mit der Kultur war’s genauso. Hier besonders mit der Industriekultur, die ich im Ruhrgebiet sowieso sehr schätze. Ich war schon öfters auf Haldentour. Die begrünten und renaturierten ehemaligen Halden sind im Bergbau entstanden. Sie sind quasi die Berge des ansonsten flachen Ruhrgebiets. Oft findet man auf den Gipfeln interessante Kunstwerke. Auch bei solchen Streifzügen mit der Kamera habe ich es bisher nie nach Hamm geschafft. Dabei hat Hamm auf der Kissinger Höhe ein echtes Prachtexemplar zu bieten. Als wir da waren, brachen gerade die dichten Wolken auf. Für mich eins der Highlights des Wochenendes!

Oder die Zeche Radbod, die von 1905 bis 1990 in Betrieb war. Hier ragen noch die Fördertürme von Schacht 1 und 2 in den Himmel. Im Jahr 1908 ereignete sich hier eins der schwersten Grubenunglücke im Steinkohlebergbau überhaupt. 350 Menschen verloren dabei ihr Leben. Ein Rätsel ist der seltsame Name der Zeche. Sie könnte nach dem friesischen König Radbod benannt worden sein. Dafür spricht, dass die Bergwerksgesellschaft damals einen friesischen Generaldirektor hatte. Ebenso gut kann die Zeche nach Radbod, dem Erzbischof von Trier, benannt sein. Die Trierer Financiers der Zeche hätten ihn wahrscheinlich gerne als Namenspatron gehabt. Aber man weiß es nicht genau. Ganz egal, ein Besuch hier ist auf jeden Fall eindrucksvoll und hat mich kurzzeitig in längst vergangene Tage zurückversetzt.

Ganz anders ist ein Besuch der ehemaligen Zeche Maximilian, heute nur kurz Maxi-Park genannt. Kohle wird schon seit langer Zeit nicht mehr an dieser Stelle abgebaut. Aber es dauerte bis in die 80er Jahre, bis das Gelände zu neuem Leben erwachte. Damals erhielt Hamm den Zuschlag für die erste Landesgartenschau in Nordrhein-Westfalen. Das war der Anlass für die Umgestaltung des Zechengeländes. Das Ergebnis war der Maximilianpark mit vielen Attraktionen, so zum Beispiel einem Schmetterlingshaus.

Glaselefant

Und mitten drin das Wahrzeichen des Parks und der ganzen Stadt Hamm – der größte Elefant der Welt. Das gläserne Werk des Hammer Künstlers und Architekten Dr. Horst Rellecke entstand aus der ehemaligen Kohlenwäsche der Zeche Maximilian. Die war früher ein viereckiger Klotz aus Beton. Heute ist sie der Besuchermagnet von Hamm schlechthin. Wir waren auf einen Sundowner im Kopf des Elefanten eingeladen. Mit dem Aufzug fuhren wir durch den gläsernen Rüssel nach oben und genossen von dort einen herrlichen Sonnenuntergang.

Sonnenuntergang im Kopf des Elefanten

Der Hindutempel in Hamm

Neben dem gläsernen Elefanten, zu dessen Ehren man überall in Hamm verschiedene farbenfrohe Artgenossen entdecken kann, steht bei einem Besuch der Stadt auch der größte südindische Hindutempel in Mitteleuropa ganz oben auf der Liste. Der Besuch erinnerte mich sofort an Little India in Singapur. Dort habe ich schon den einen oder anderen Tempel besichtigt. Aber hier in Hamm? Hammer! Der Tempel entstand auf  Initiative des Priesters Arumugam Paskaran, der wie so viele andere Tamilen auch in den 80er Jahren aus Sri Lanka fliehen musste. 2002 wurde der Tempel im Stadtteil Uentrop eingeweiht. Jedes Jahr kommen seither Zehntausende Hindus nach Hamm zum Tempelfest. Es soll ein unvergessliches Erlebnis sein, wenn sich der Kanal während des Fests im Sommer in eine Art Ganges im Ruhrgebiet verwandelt. Da muss ich mal hin!

Jetzt aber endlich in die City…

Oje, jetzt habe ich Dir schon so viel über Hamm erzählt, und wir waren noch gar nicht im Stadtzentrum. Jetzt wird’s aber Zeit. Naja, es hat seinen Grund, dass die City unter den  Sehenswürdigkeiten nicht ganz oben steht. Ich habe schon hübschere Innenstädte gesehen. Trotzdem habe ich in Hamm einige richtig schöne Ecken entdeckt.

Auf jeden Fall solltest Du Dir Zeit nehmen für einen Besuch im Gustav-Lübcke-Museum. Es ist die Heimat der größten ägyptischen Sammlung im Ruhrgebiet. Außerdem sind eigentlich immer spannende Ausstellungen zu sehen. Aber auch ganz ohne Sammlung oder aktuelle Ausstellung ist das Gebäude interessant, wenn Du Dich für Architektur interessierst.

Einer der breit gefächerten Schwerpunkte des Museums ist Stadtgeschichte. In diese Kategorie gehört die aktuelle Ausstellung „Treffpunkt Kneipe“, die noch bis zum 22.März 2022 zu sehen ist. Hier erfährst Du viel über die Kneipenkultur oder die Brauereigeschichte von Hamm. Alles sehr anschaulich und mit viel Liebe zum Detail präsentiert. Lehrreich und vergnüglich zugleich.

Sehr eindrucksvoll fand ich auch den Besuch der St. Agnes Kirche, obwohl ich eigentlich nicht so der allergrößte Fan von Kirchenbesichtigungen bin. In dieser Kirche gibt es keine Bänke. Der Kirchenraum wirkt dadurch ganz anders. Sehr toll fand ich, dass durch die fehlenden Bänke viel Platz auf dem Fußboden war für die farbenfrohen Lichtreflektionen von den Kirchenfenstern. Neben Platz auf dem Boden braucht man dafür natürlich auch ein bisschen Sonnenschein. Glücksache also, ob Du in diesen Genuss kommst oder nicht. Auf jeden Fall aber kannst Du das große Taufbecken bestaunen. Eine Treppe führt ins Wasser, und ich habe mich gefragt, ob der Pfarrer wohl mit den Babys ins Wasser steigt. Sei’s drum…

Vor unserem „Hammer-Wochenende“ war mein Bild von der Stadt so ähnlich wie das von Bielefeld, von dem man ja munkelt, es existiere gar nicht. Hamm existiert, soviel ist sicher. Und wie! Die Stadt und ihre Umgebung haben mich überrascht und begeistert. Mein ganz großes Dankeschön geht an die Organisatoren und an meine Bloggerkollegen, mit denen mir der zwanglose Austausch sehr viel Freude gemacht hat. Vielleicht sollte ich auch mal nach Bielefeld fahren? Nach Hamm jedenfalls kehre ich sicher zurück.

Ganz nah ran im Tierpark Hamm

Tierpark Hamm

Zuallererst gehe ich dann nochmal in den Tierpark von Hamm. Dort waren wir zu einer Taschenlampenführung bei Nacht eingeladen. Zum Fotografieren war das naturgemäß nicht so dolle. Da sehen zwei Zebras dann gerne so aus, als hätten sie nur einen Kopf.:-) Aber es war ein wunderschönes Erlebnis, denn wir konnten zum Beispiel Stachelschweine, Zebras oder ein Trampeltier namens Donald füttern. Überhaupt ist der Tierpark Hamm allererste Wahl, wenn man nah ran möchte an die Tiere. Ein Fernglas wie in manch anderem Zoo brauchst Du hier jedenfalls nicht. Die Begeisterung des Zoo-Teams für ihre Tiere und den Tierpark war ansteckend. Gerne wieder!

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14 Comments

  1. Liebe Renate,

    in Hamm war ich auch noch nicht und mir geht es da wie dir, ich kenne bislang auch nur den Bahnhof.
    Aber wie toll, dass du zu einem Bloggertreffen eingeladen worden bist und so viel von Hamm entdecken konntest. Es ist richtig spürbar, wie gut es dir gefallen hat.
    Ich habe jetzt auch richtig Lust Hamm einen Besuch abzustatten und das Blumenmammut (oder ist es ein Elefant) selber zu bestaunen. Und natürlich alles andere auch 😉

    Liebe Grüße,
    Mo

    1. Ja,es hat mir tatsächlich irre gut gefallen. Ein Trip nach Hamm lohnt auf jeden Fall. Und es ist ein Elefant.:-) Einer von ganz vielen im Stadtgebiet…

  2. Ich kenne noch nicht mal den Bahnhof 😉 mit anderen Worten, ich war noch nie in Hamm und habe gerade eine für mich völlig neue Stadt kennengelernt! Interessant, was es da so alles gibt! Einen riesen Elfanten, eine ägyptische Sammlung (ich liebe Ägypten) und einen Hindutempel, der mich mit seinen Farben anstrahlt! Auch die Lichtreflektionen des Kirchenfensters hatten mir total gefallen! Ich sehe, Hamm ist also einen Besuch wert! Vielleicht komme ich ja mal in die Ecke!

    Liebe Grüße
    Jana

  3. Liebe Renate,
    da ging es mir ähnlich wie dir – ich hätte von Hamm auch eher erwartet, dass es eine unspektakuläre Stadt ist. Bielefeld hätte ich zwar nicht zum Vergleich herangezogen – die Stadt kenne ich einigermaßen, da ich ganz in der Nähe studiert habe.
    Um so mehr habe ich über die vielen Möglichkeiten und eindrucksvollen Ecken Hamms gestaunt. Besonders reizvoll finde auch ich den Park mit Gradierwerk – ich liebe diese Luft! -, die motorlose Fähre und den gläsernen Elefanten. Ach, und allein der Tierpark wäre uns einen Besuch wert. Mal sehen, wann es passt. 🙂
    Herzliche Grüße
    Anja von STADT LAND WELTentdecker

    1. Wenn Du Bielefeld kennst, hast Du mir was voraus. Ich muss da endlich mal hin, damit der weiße Fleck auf meiner Landkarte verschwindet.:-) Ja, der Tierpark ist wirklich schön. Ich habe ihn zwar nur im Dunklen gesehen, aber das hat gereicht um zu wissen,dass ich da unbedingt wieder hin will…

  4. Ich komme ja aus dem Ruhrgebiet, aber einen Ausflug nach Hamm habe ich dann doch eher nie gemacht. Schade, denn der Hindutempel und der Elefant sind echt cool! Die Natur sieht etwas aus wie in Mülheim an der Ruhr, auch architektinisch ähnelt es sich noch. Aber wenn ich mal wieder länger im Ruhrpott bin, fahre ich auf jeden Fall mal zum Tempel!

    1. Ja, mach das! Ist schon auf jeden Fall was Besonderes. Die Natur in der Mülheimer Gegend finde ich übrigens auch sehr reizvoll. Bin immer wieder gerne mal dort. Von Ratingen kann ich ja fast zu Fuß hingehen.:-)

  5. Liebe Renate,
    Ein echt schöner Bericht und ich finde vor allen Dingen deine Bilder auch superschön und sehr stimmungsvoll. In Bielefeld war ich übrigens auch noch nicht… das steht auch immer noch mal auf meiner Liste. 😉
    Viele Grüße
    Tanja

    1. Ja, Bielefeld. Irgendwie hab ich die Kurve auch noch nie gekriegt…:-) War ein tolles Wochenende in Hamm. Ich hoffe, man sieht sich mal wieder irgendwo. Würde mich sehr freuen.

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