Zwischen all den grauen, tristen Dezembertagen im Lockdown gab es neulich einen strahlend schönen voller Sonnerschein. Den habe ich kurz entschlossen für einen Tagesausflug in die Rieselfelder Münster genutzt. Sonne tanken in der Natur war Balsam für die Seele. Ein echter Lichtblick und noch dazu eine tolle Entdeckung.



Ich habe die Rieselfelder Münster zum ersten Mal besucht. Wenn ich diesen Corona-Zeiten überhaupt irgendwas Positives zuschreiben müsste, dann wäre es die Tatsache, dass ich sehr viele interessante Dinge in der näheren Umgebung für mich entdeckt habe. Ich habe Orte gesehen, deren Besuch ich in normalen Zeiten immer wieder aufgeschoben habe. Schließlich war die Welt groß, und es gab immer Orte, die mich mehr begeistert haben als das nahe Umfeld. Das ist jetzt natürlich anders. Und manchmal finde ich so echte Juwelen. Die Rieselfelder Münster sind faszinierend. Wie habe ich diesen Tag genossen!
Was gibt’s zu sehen?




Nur ein paar wenige Kilometer entfernt von der Münsteraner City findest Du ein wahrlich idyllisches Feuchtgebiet. Es besteht aus vielen kleinen und größeren Flachwassern und Schilfgürteln, aus Grünland und Obstbaumalleen. Neben der sehenswerten Landschaft begeistern hier vor allem die unfassbar zahlreichen und zum Teil seltenen Wasservögel, die Du ganz in Ruhe und unter äußerst guten Bedingungen beobachten und fotografieren kannst. Über 230 Hektar groß ist das Naturschutzgebiet. Hindurch führen gute Spazierwege, die mit sehr guten Beobachtungsstationen ausgestattet sind.
Optimaler Startpunkt

Vor allem in den Frühlings- und Sommermonaten strömt halb Münster am Wochenende hierher. Dann soll es verflixt schwierig sein, in der Nähe einen Parkplatz zu finden. Im Moment ist das gar kein Problem. Es ist sehr ruhig in den Rieselfeldern. Trotz strahlenden Sonnenscheins bin ich nur ganz vereinzelt anderen Menschen begegnet. Es ist natürlich für die meisten Leute auch nicht gerade die attraktivste Jahreszeit, weil nichts blüht. Aber die winterliche Landschaft hat einen ganz eigenen Reiz, wie ich finde. An einem Wochentag ist es momentan kein Ding, direkt an der Biologischen Station zu parken. Auch im Lockdown kannst Du Dir hier einen Flyer mit Karte zur besseren Orientierung mitnehmen. Ein optimaler Startpunkt für einen Rundgang.

Geschichte der Rieselfelder Münster

Mithilfe des Flyers kannst Du Dich auch über die Geschichte dieser Naturidylle informieren. Du erfährst, dass die Naturidylle eigentlich alles andere als eine Naturidylle ist. Vom Beginn des 20. Jahrhunderts bis ins Jahr 1975 wurden nämlich hier die Abwässer der Stadt Münster verrieselt. Ein hübsches Wort.:-) Die Abwässer wurden über Kanalsysteme aus der Stadt hierher geleitet und versickerten dann im Sandboden.

Auf den auf diese Weise gedüngten Böden baute man Feldfrüchte und Grünpflanzen an. Wie die Stadt Münster wuchsen auch die Rieselfelder im Laufe der Jahre immer weiter. Als eine Flächenerweiterung Ende der 50er Jahre nicht mehr möglich war, half man sich damit, die vorhandenen Flächen zu bewässern. So entstand der Flickenteppich aus Wasserstellen, wie man ihn heute aus der Luft sehen kann.

Nachdem ein Klärwerk endlich die Aufgabe der Rieselfelder Münster übernommen hatte, fanden immer mehr Wasservögel hier optimale Lebensbedingungen. Und die Menschen fanden vor ihrer Stadt ein wunderschönes Naherholungsgebiet mit fast unbegrenzten Möglichkeiten zum Spazierengehen und – schließlich sind wir in Münster – auch zum Radfahren.
Vögel beobachten

Zum Beispiel gibt es einen zwölf Meter hohen Aussichtsturm. Den solltest Du vielleicht ziemlich zu Anfang besteigen. Denn von hier aus kannst Du Dir einen perfekten Überblick über das Gebiet verschaffen. Aber Achtung: Wegen Corona ist der Turm aktuell nur an Wochentagen geöffnet. An den Wochenenden könnten sich sonst vielleicht doch etwas zu viele Besucher hierher verirren. Aber das macht nichts, denn Du hast die freie Auswahl zwischen zehn verschiedenen Beobachtungshütten, die alle tolle Ausblicke erlauben. Leider hatte ich kein vernünftiges Teleobjektiv für die Vogelfotografie dabei. Aber auch so habe ich jede Menge tolle Motive gefunden und unglaublich viel Spaß beim Fotografieren gehabt.

Obwohl ich mich wegen meiner Fotoausrüstung eher auf die Besonderheiten der Landschaft konzentriert habe, gab es doch auch eine Menge Federvieh zu sehen. Am besten hat mir dabei ein Silberreiher gefallen, der sich in annehmbarer Entfernung zu meinem Standort in Pose stellte. In Neuseeland bin ich im Februar erfolglos auf eine Silberreiher-Safari gegangen, bei der ich dann allerdings viel interessantere Vögel gesehen habe, die es bei uns in Europa nicht gibt. Aber seitdem habe ich an Silberreihern einen Narren gefressen.

Ganz besondere Rinder

Neben den Vögeln hat die Tierwelt in den Rieselfeldern Münster noch eine Besonderheit zu bieten: Hier grasen nämlich seltene Heckrinder, die ein bisschen aussehen wie Auerochsen. Das ist kein Zufall, denn die Brüder Heck, zwei ehemalige Zoodirektoren, kreuzten verschiedene internationale Rindersorten, angeblich mit dem Ziel, Auerochsen zu züchten. So ganz hat das wohl nicht geklappt, aber eine Ähnlichkeit ist immerhin vorhanden. Die 30 Heckrinder übernehmen auf den Wiesen heute die Aufgaben eines natürlichen Rasenmähers.

Ein Ausflug zu den Rieselfeldern war für mich eine riesengroße Freude. An einem strahlend schönen frühen Morgen in meinen Camper zu steigen und dem Sonnenaufgang entgegen zu fahren, hat meine getrübte Stimmung doch sehr aufgehellt. Ich habe mich beinahe gefühlt wie in besseren Zeiten. Die kann ich kaum noch abwarten. Aber bis dahin helfen mir kleine Touren sehr. Und sobald ich einen Sonnenstrahl erahne, bin ich sofort unterwegs. Während ich das schreibe, regnet es mal wieder Bindfäden. Aber die Sonne lauert wie immer hinter der nächsten Wolke. Ich halte die Wetter-App im Auge. In diesem Sinne fröhliche Weihnachten!

Liebe Renate, danke für den wunderbaren Beitrag. Wäre Münster nicht so weit entfernt, wäre das ein Tagesausflug ganz nach unserem Geschmack. Wir mögen auch sehr den Reiz und die Eigenheiten der Jahreszeiten, auch der kalten und trüben.
Wie spannend und toll, dass auf einem Gebiet mit solcher Geschichte so viele Wasservögel Lebensraum gefunden haben – das hätte ich nicht gedacht.
Herzlichen Gruß
Anja
Schade, dass es für Dich zu weit ist. Vielleicht kommst Du mal in die Gegend, wenn wir wieder reisen können. Dann lohnt sich ein Abstecher auf jeden Fall!
LG Renate
Das ist ja wirklich ein schönes Fleckchen Erde. Deine Fotos sind ganz zauberhaft. Ich stimme Dir zu, durch Corona hat man wirklich mal (notgedrungen) Zeit, seine eigene Umgebung besser zu erforschen. Ich habe mir sogar ein E-Bike zugelegt und entdecke viele schöne Stellen, die ich mit dem Auto oder zu Fuß noch nicht gesehen habe.
Trotzdem freue ich mich natürlich auch aufs Reisen und hoffe sehr, dass das im nächsten Jahr wieder möglich sein wird!
LG Antje
Ja, ich hab auch das Radfahren für mich entdeckt. Ohne E zwar, aber ein Riesenspaß. Aber trotzdem: Auch ich hoffe sehr, dass bald wieder mehr geht…
Tja, so weit weg von meiner Heimatstadt Mülheim sind die Rieselfelder gar bicht. Und doch lann ich micht erinnern, jemals da gewesen zu sein. Dabei sieht es echt so aus, als ob ich mich mit meinem Teleobjektiv dort richtig austoben könnte. Vielleicht schaffe ich es ja tatsächlich 2021 mal während eines Heimaturlaub dorthin.
Mach das unbedingt! Ich hab mein Tele verliehen. Nächstes Mal muss es unbedingt mit.
Sehr schöner und umfangreicher Bericht und ganz tolle Bilder. Sehr einladend!
Hast du weitere Infos zur Anreise? vielleicht ein oder zwei Hoteltipps, oder auch einen Tipp fürs Parken?
Grüße
Igor
Zur Anreise: Ich bin mit dem Auto gefahren auf der A1. Die Ausfahrt ist Münster-Nord. Von da ist es nicht weit. Parken kannst Du am besten an der Biostation. Aktuell ist dort nicht viel los. Mit Hotels kann ich leider nicht dienen. Hab nicht übernachtet. Aber wenn Du Dir mal was gönnen möchtest: In Münster gibt es in der alten Germania-Brauerei das Factory-Hotel. Allererste Sahne. Von da aus ist es ja nicht weit zu den Rieselfeldern…
Ein toller Ort der so wirkt als wenn er unberührt ist und niemand gestresst ist. So tolle Bilder das man dort gleich einige Stunden verbringen möchte. Ein toller Ausflugsort.
Danke fürs Vorstellen.
Liebe Grüße
Julia
Ja, fahr mal hin. Ich war sehr positiv überrascht und begeistert.
Ich war noch nie in Münster oder der angrenzenden Region und kannte dieses kleine Fleckchen Erde mit der interessanten Geschichte dahinter bis eben auch nicht. Schön, dass es ein Ort für die Menschen und die Tiere geworden ist, wenn man mal bedenkt, wofür es mal genutzt wurde. Übrigens großes Kompliment für deine Fotos, du findest kleine Details die ich so gerne betrachte!
Liebe Grüße
Jana
Noch nie in Münster, da hast Du aber echt was verpasst. Ganz tolle Stadt. Da musst Du unbedingt mal hin!
Liebe Renate,
Mal wieder ein wunderbarer Beitrag zur Freizeitgestaltung im Lockdown und auch in Corona-Zeiten. Mir würde es wohl vor allem gefallen, die verschiedenen Vögel zu beobachten. Ich habe zwar überhaupt keine Kunde, was Vögel angeht, aber sie zu beobachten finde ich total spannend. Silberreiher würde aber auch ich erkennen – ich finde die auch total faszinierend. Von Heckrindern hab ich noch nie gehört, würde ich natürlich auch sofort ausgiebig bestaunen und fotografieren.
Liebe Grüße von Miriam von Nordkap nach Südkap
Mir geht es da ganz ähnlich. Ich habe auch kaum Ahnung von Vögeln, aber es macht trotzdem Riesenspaß, sie zu beobachten. Ich bin echt dankbar in diesen Zeiten für Orte wie diesen. Sonst wäre alles noch viel trostloser.